Ich will Thies Schröder fragen, wo er Ferropolis in sieben Jahren sieht und wie ich ihm in dieser Zeit als Landrat helfen könnte. „Wenn Sie lieber darüber reden wollen, wie Sie über dieses Jahr kommen, verstehe ich das aber auch.“ biete ich dem Geschäftsführer der Betreiber-GmbH von Ferropolis an. Doch Thies Schröder hat Lust, über seine Ideen für die Zukunft zu reden. Sieben Jahre sind ihm da fast ein bisschen knapp. Entwicklungen anstoßen, Potentiale heben, Zukunft gestalten: nach fünf Minuten haben wir unser gemeinsames Thema gefunden.
Fördermittel und Experimente
Um ein „inklusives Angebot zum Erleben der Industriekultur“ machen zu können, bekommt der Absetzbagger „Medusa“ einen Aufzug. Mit Fördermitteln von der EU. „Das Geld aus der Förderung zum Strukturwandel in Kohlebaugebieten hätte hier auch gut hingepasst. Da wurden aber Grenzen so gezogen, das der Kreis raus fällt. Da muss über Kompensation gesprochen werden.“ fordert mein Gesprächspartner. Ich schreibe mir das auf die To-Do-Liste.
Unten am See steht das Backstage-Gebäude leer. In Kooperation mit der Genossenschaft CoWorkLand soll hier ein Coworking-Space entstehen. Großstadtmüde Digitalnomaden sollen sich hier mit Blick auf den See für eine Zeit niederlassen und Ideen für die Zukunft entwickeln. „Das ist ein Experiment. Woanders funktioniert das. Wir müssen schauen, was wir tun müssen, damit es auch hier funktioniert.“ sagt Thies Schröder. „Hier stellen wir ein paar Leihräder hin, damit man schnell zum Bahnhof kommt. Da drüben ein paar Schreibtische.“ Auf dieses Projekt bin ich gespannt. Es könnte auch ein Weg sein, um Menschen für den Landkreis zu gewinnen.
Von der Industriekultur zur Innovationsregion
Schröder zündet sich eine Zigarette an. Die Zigarettenmarke mit dem Indianer auf der Packung passt zu ihm: er ist immer aufmerksam, das Ohr an der Schiene der Geschichte, auf Nachhaltigkeit bedacht. Noch auf dem Weg zum Eimerkettenbagger „Mad Max“ geht es um die Energiewende mit dezentraler Energieversorgung und den Wandel vom Konsumenten zum „Prosumer“, der gleichzeitig Strom produziert und konsumiert.
Die Stahlkolosse in Ferropolis haben ganze Ortschaften für Kohle weggebaggert. In ihrem Schatten entsteht eine Energieavantgarde Anhalt als Standort- und Innovationsinitiative. In dem gleichnamigen Verein ist auch der Landkreis Wittenberg Mitglied. Oh man! Ich würde mich so freuen, mit Schröder und den anderen Vereinsmitgliedern am Umbau des Energiesystems im Landkreis zu arbeiten. Aber da liegt noch eine Wahl dazwischen…
Heiße Eisen, große Partys und neuer Schwung
Auf dem begehbaren „Gemini“ sehen wir zwei weitere Aufgaben, die sich dem neuen Landrat unmittelbar stellen werden. Zum einen deuten Sandhügel auf den Ort hin, an dem eine Deponie geplant wird. Daneben soll vielleicht auch noch ein Lithium-Werk entstehen. Der Landrat verantwortet das Planfeststellungsverfahren – ein heißes Eisen. Dazu treffe ich mich später mit der Bürgerinitiative „Auf der Kippe„. Zum anderen sieht man eine leere Fläche, wo sonst viele Menschen zu Hip-Hop oder Heavy Metal feiern würden. „Wir haben hier einiges nachzuholen. Vielleicht werden es 2022 ein paar Festivals mehr.“ deutet Schröder erhöhten Abstimmungsbedarf mit dem Landkreis an.
Nach dieser Runde ist nicht nur klar, dass Ferropolis Zukunft hat. Auch wenn die Überbrückungshilfen an der GmbH in überwiegend kommunalem Besitz vorbei gegangen sind und das Konsequenzen hat. Es wird auch klar, dass Ferropolis Zukunft macht – und damit ein wichtiger Partner für einen Landrat ist, der dem Landkreis neuen Schwung geben will.